Merkur – Der kleinste und innerste Planet

Merkur ist der sonnennächste und kleinste Planet unseres Sonnensystems. Benannt nach dem Götterboten der Römer, Mercurius, spiegelt sein Name die rasche Bewegung am Himmel wieder. Trotz seiner geringen Größe und Nähe zur Sonne hat Merkur faszinierende Eigenschaften, die ihn zu einem spannenden Studienobjekt für Astronomen und Raumfahrtmissionen machen. Als Planet mit einer extrem dünnen Exosphäre und mit extremen Temperaturschwankungen bietet er einzigartige Einblicke in die Entstehung und Entwicklung planetarer Körper.

Wichtige Fakten über Merkur

MerkmalWert
Durchmesser4.880 km
Masse3,3011 × 10^23 kg (ca. 0,055 Erdmassen)
Mittlere Entfernung zur Sonneca. 57,9 Millionen km (0,39 AE)
Umlaufzeit um die Sonne88 Tage
Rotationsperiode58,6 Tage (im Verhältnis zur Sonne)
Oberflächentemperatur-173 °C bis +427 °C
AtmosphäreNahezu keine; Spuren von Wasserstoff, Helium, und Sauerstoff
Anzahl der Monde0
Schwerefeld3,7 m/s² (ca. 38 % der Erdanziehung)
Exzentrizität der Umlaufbahn0,2056 (höchste im Sonnensystem)

Merkurs Umlaufbahn und Rotation

Merkur weist eine stark elliptische Umlaufbahn auf, die von allen Planeten des Sonnensystems die größte Exzentrizität besitzt. Seine Entfernung zur Sonne variiert dadurch erheblich (zwischen etwa 46 und 70 Millionen Kilometern), was maßgeblich zu den extremen Temperaturschwankungen auf seiner Oberfläche beiträgt. Ein Umlauf um die Sonne dauert dabei nur rund 88 Erdentage. Gleichzeitig ist seine Eigendrehung vergleichsweise langsam: Eine vollständige Rotation um die eigene Achse, ein sogenannter siderischer Tag, benötigt etwa 59 Erdentage.

Diese beiden Perioden – Umlaufzeit und Eigendrehung – sind über eine besondere 3:2-Spin-Bahn-Resonanz gekoppelt: Merkur rotiert genau dreimal um seine Achse, während er zweimal die Sonne umrundet. Diese ungewöhnliche Kopplung führt dazu, dass ein Sonnentag auf Merkur (die Zeit von einem Sonnenaufgang zum nächsten) mit 176 Erdentagen extrem lang ist – er dauert somit genau zwei Merkurjahre.

Oberfläche und geologische Merkmale

Die Oberfläche von Merkur ähnelt der des Mondes und ist von zahlreichen Kratern und alten Einschlagbecken übersät. Die größte bekannte Struktur ist das Caloris-Becken, das einen Durchmesser von etwa 1.550 Kilometern hat und durch einen gewaltigen Meteoriteneinschlag vor etwa 3,9 Milliarden Jahren entstanden ist. Ein weiteres markantes Merkmal sind die sogenannten Lobate Scarps – kilometerhohe, hunderte Kilometer lange Klippen oder Steilhänge, die vermutlich entstanden, als der Planet bei seiner Abkühlung schrumpfte und sich seine Kruste faltete. Aufgrund der fehlenden nennenswerten Atmosphäre gibt es auf Merkur kaum Erosion durch Wind oder Wasser, was die Oberfläche und diese geologischen Formationen über Milliarden von Jahren fast unverändert gelassen hat.

Überraschenderweise wurden trotz der extremen Hitze auf der Tagseite Hinweise auf Wassereis in tiefen Kratern nahe der Pole gefunden. Diese Krater liegen permanent im Schatten, wodurch dort extrem kalte Temperaturen herrschen, die das Eis über geologische Zeiträume bewahren können. Diese Entdeckung gelang der NASA-Sonde MESSENGER.

Atmosphäre (Exosphäre)

Anstelle einer dichten Gashülle wie die Erde, besitzt Merkur lediglich eine extrem dünne, oberflächengebundene Exosphäre. In einer solchen Exosphäre sind die Teilchen zwar gravitativ an den Planeten gebunden, ihre Dichte ist jedoch so gering (nahezu ein Vakuum), so dass sie kaum miteinander kollidieren. Sie besteht hauptsächlich aus Atomen und Ionen, die von der Oberfläche freigesetzt werden, darunter vor allem Sauerstoff (O), Natrium (Na), Wasserstoff (H), Helium (He) und Kalium (K), deren Vorkommen jahreszeitlich und örtlich variieren kann. Diese Exosphäre ist nicht stabil wie eine dichte Atmosphäre, sondern wird ständig durch Prozesse wie das Auftreffen von Sonnenwindteilchen und Mikrometeoriten (Sputtering, Impaktverdampfung) sowie durch die Einwirkung von Sonnenlicht (Photonen-stimulierte Desorption) und möglicher Ausgasung aus dem Inneren erneuert. Aufgrund ihrer extrem geringen Dichte bietet die Exosphäre keinen Schutz vor Strahlung oder Meteoroiden, ermöglicht keine Wetterphänomene und führt zu keiner nennenswerten Erosion der Planetenoberfläche.

Magnetfeld und Kern

Obwohl Merkur relativ klein ist, besitzt er – überraschend für seine geringe Größe und langsame Rotation – ein Magnetfeld, das etwa 1 % der Stärke des Erdmagnetfelds erreicht. Es wird angenommen, dass dieses Feld durch einen Dynamo-Effekt in seinem großen, teilweise geschmolzenen Eisenkern erzeugt wird. Messungen der MESSENGER-Sonde zeigten zudem, dass das Magnetfeld deutlich asymmetrisch ist und sein Zentrum relativ zum Planetenmittelpunkt signifikant nach Norden verschoben ist.

Der Kern ist mit einem Anteil von etwa 85 % des Planetenradius im Vergleich zu anderen Gesteinsplaneten ungewöhnlich groß. Dieser extrem hohe Kernanteil stellt die Wissenschaft vor ein Rätsel bezüglich der Entstehung Merkurs. Aktuelle Hypothesen diskutieren unter anderem eine gigantische Kollision in der Frühzeit des Sonnensystems, die große Teile des ursprünglichen Mantels entfernte, oder besondere Bedingungen bei der Materialakkretion (Ansammlung von Materie) so nah an der jungen Sonne, die zur bevorzugten Bildung eines eisenreichen Kerns führten.

Merkur-Transit und Beobachtungsmöglichkeiten

Merkur ist aufgrund seiner Nähe zur Sonne eher schwierig in der Morgen- oder Abenddämmerung zu beobachten. Die besten Beobachtungsmöglichkeiten ergeben sich daher nur in kurzen Zeitfenstern während seiner größten Winkelabstände von der Sonne, der sogenannten größten Elongation (ca. 18° bis 28°). Er ist dann entweder für kurze Zeit nach Sonnenuntergang tief im Westen (bei größter östlicher Elongation) oder kurz vor Sonnenaufgang tief in östlicher Richtung (bei größter westlicher Elongation) sichtbar. Im Teleskop zeigt Merkur dann, ähnlich wie der Mond, Phasen. Von einer schmalen Sichel bis zu einer fast voll beleuchteten Scheibe.

Eine besondere Beobachtungsmöglichkeit stellen die relativ seltenen Merkur-Transite dar, bei denen der Planet als kleiner schwarzer Punkt direkt vor der Sonnenscheibe vorbeizieht. Diese Ereignisse, die nur etwa 13 bis 14 Mal pro Jahrhundert auftreten, erfordern Teleskope mit einem speziellen und sicheren Sonnenfilter.

Merkurtransit vom 9. Mai 2016, kurz nach dem 2. Kontakt

Raumfahrtmissionen zum Merkur

Bisher gab es nur wenige Raumfahrtmissionen zu Merkur, was an den großen technischen Herausforderungen liegt, in eine Umlaufbahn um den sonnennahen Planeten einzutreten.

Die NASA-Sonde Mariner 10 war die erste; sie flog in den Jahren 1974 und 1975 dreimal am Merkur vorbei und kartierte dabei Teile seiner Oberfläche. Ihr folgte erst Jahrzehnte später die NASA-Sonde MESSENGER, die von 2011 bis zu ihrem geplanten Absturz 2015 den Planeten umkreiste. MESSENGER lieferte umfassende Daten über Merkurs Zusammensetzung, sein Magnetfeld, seine Exosphäre und seine Geologie und kartierte erstmals die gesamte Oberfläche.

Die aktuelle Mission ist BepiColombo, ein Gemeinschaftsprojekt der Europäischen Weltraumorganisation (ESA) und der japanischen Raumfahrtagentur (JAXA). Sie startete 2018 und befindet sich derzeit auf dem Weg zum Merkur. Nach mehreren komplexen Swing-by-Manövern an Erde, Venus und Merkur selbst ist das Einschwenken in die Merkurumlaufbahn für Dezember 2025 geplant. BepiColombo besteht aus zwei Orbitern (dem Mercury Planetary Orbiter der ESA und dem Mercury Magnetospheric Orbiter der JAXA), die noch detailliertere Erkenntnisse über den Planeten, sein Magnetfeld und seine Wechselwirkung mit dem Sonnenwind gewinnen sollen.